Lipödem-Syndrom
Krankheit: Das Lipödem-Syndrom ist in seiner Komplexität bisher wenig verstanden, umfasst aber in jedem Fall eine Kombination von verschiedenen Krankheitszeichen (Symptomen). Bereits in der Pubertät, als sensible Prägungsphase, kann eine „relative“ Lipohyperplasie (Zunahme der Anzahl von Fettzellen) im tiefen Subkutanfett der Extremitäten beginnen. Die Aussparung des Körperstamms bedingt das mehr oder weniger ausgeprägte unproportionale Erscheinungsbild ohne lineare Funktion der Krankheit. Eine begleitende Lipohypertrophie (Zunahme der Größe von Fettzellen) kann das Erscheinungsbild maskieren.
Neben Veränderungen der Physis sind sog. sensorische Störsymptome in Form von u.a. Schwereempfinden, Spannungsgefühl, Druck-/Berührungsempfindlichkeit an den Extremitäten vorhanden, die u.Ust. im Schmerz, als definitivem Stoppsignal des Körpers, kumulieren. Die Neigung zu Spontanhämatomen (blaue Flecken), die variable Ausbildung einer netzförmigen Gefäßzeichnung in der Deckhaut und das Nachlassen der Gewebefestigkeit und Textur sind zudem auffällig. Die Ausprägung aller Symptome ist teilweise inkonstant, individuell sehr unterschiedlich und kann durch begleitende andere Faktoren verstärkt und/oder überlappt sein.
Krankheitsschwere: Eine Aussage zum individuellen Spontanverlauf und damit zur Progredienz, also dem Fortschreiten der Erkrankung, ist schwierig, wobei eine Normalisierung der krankhaften Anzahl von Fettzellen ohne chirurgische Maßnahme unmöglich ist. In diesem Zusammenhang soll erwähnt werden, dass bariatrische Eingriffe zur Behandlung der Fettleibigkeit als Konsequenz immer nur die Fettzellen selbst schrumpfen lassen können aber niemals die Zellanzahl beeinflussen.
Durch die Fehlinterpretation der Symptome oder Stigmatisierung als Leibesfülle durch Sachunkundige, kommt es nicht selten bei den Patientinnen zu psychischen Belastungssituationen bis hin zu Depressionen mit einer weitreichenden Beeinträchtigung der biopsychosozialen Gesundheit.
Die Stadieneinteilung des Lipödem-Syndroms in drei Schweregrade berücksichtigt ausschließlich das zu kurz greifende Erscheinungsbild und sollte langfristig durch mehr zellbiologisch orientierte Graduierungen ersetzt werden können.
Behandlung: Ursache für das Lipödem-Syndrom ist in jedem Fall eine krankhafte Lipohyperplasie im Bereich der Extremitäten. Diesen Sachverhalt vorausgesetzt, muss das Behandlungsziel u.a. eine Korrektur der Lipohyperplasie beinhalten.
Alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten wie die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE), die Kompressionsbestrumpfung und die (Auto-) Lymphdrainage sind hierfür jedoch niemals geeignet und ausschließlich supportiv, d.h. unterstützend im Ansatz. Dem Selbstmanagement ist immer nur eine Lipohypertrophie zugänglich.
Ein methodischer Ansatz kann deshalb momentan nur durch die chirurgische Entfernung von spezifischen Fettzellen aus der tiefen Sicht des subkutanen Fettes mit Hilfe der gezielten Liposuktion od. besser Lipoextraktion erreicht werden. Das Wirkprinzip der Lipoextraktion ist für alle gegenwärtigen Stadieneinteilungen des Lipödems identisch. Nur die Eingriffe sind geeignet das Beschwerdebild nachhaltig zu lindern und dessen Folgen wie Chronifizierungen des Symptomkomplexes zu verhüten.
Abbildung aus Jerrold et al., Metabolism disrupting chemicals and metabolic disorders, Reproductive Toxicology 68 (2017).
Kurzinfos zur Therapie
Operativ
- Methodischer Ansatz, d.h. Heilung i.w.S. möglich
- Intentioneller Chirurgiestandard aber fehlend
- Physis-basierte und ästhetische Indikationen sind unterkomplex
- Je früher, umso effizienter
Konservativ
- Nur Supportiv, Symptomlinderung
- Kompression: primär Flachstrickware
- Rationale Basis für Lymphdrainage fehlend
Gilt immer
- Selbstmanagement, aber Keep it simple
- Physische und psychische Stressregulation
- „Artgerechter“ und bedarfsorientierter Ernährungsstil
- Cave: Metabolism-disrupting Chemicals, Xenobiotika, unreflektierte Supplementationen u.a.